Das neuste Buch, Smartphone oder Kleid wird online bestellt, doch für Lebensmittel geht der Käufer noch in den Supermarkt. Trotz des digitalen Einkaufsbooms bleibt beim Essen alles beim Alten. Der Kunde kauft seine Nahrungsmittel lieber direkt und nicht im Netz. Da muss selbst ein großer Name wie Amazon einen Dämpfer in Kauf nehmen.
Wie stark das Internet die Einkaufsgewohnheiten verändert hat, wissen die meisten aus eigener Erfahrung: 77 Prozent der Menschen haben im vergangenen Jahr mindestens einmal online eingekauft – damit liegt Deutschland 17 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt, besagt eine Studie des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft haben 2018 ganze 97 Prozent der Internetnutzer in Deutschland online eingekauft – die Tendenz ist weiterhin steigend. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die Menschen schätzen die größere Produktauswahl sowie die günstigeren Preise. Sie genießen die Bequemlichkeit des Online-Kaufs, die Zeitersparnis durch die Lieferung nach Hause und die Unabhängigkeit von Öffnungszeiten. All das schlägt sich in den Umsatzzahlen nieder.
Laut Handelsverband Deutschland betrug der Online-Umsatz 2018 schätzungsweise 53,6 Milliarden Euro – gut 40-mal so viel wie im Jahr 2000. Damit entfallen mittlerweile etwas mehr als 10 Prozent des Gesamtumsatzes des Einzelhandels in Deutschland auf Online-Käufe – im Jahr 2000 lag der Anteil erst bei 0,3 Prozent.
Hinter diesen beeindruckenden Zuwachsraten stehen allerdings recht unterschiedliche Trends in den einzelnen Warengruppen. Nach Analysen des Instituts für Handelsforschung Köln entfielen 2017 fast 29 Prozent aller mit Unterhaltungselektronik und Elektroartikel erzielten Umsätze auf den Online-Handel. Auch Mode und Accessoires sowie Artikel für Freizeit und Hobby wurden relativ häufig online bestellt.
Lebensmittel selten im digitalen Warenkorb
Was jedoch die Menschen eher nicht im Netz kaufen, sind „Fast Moving Consumer Goods“ – so werden im Fachjargon jene Konsumgüter des alltäglichen Bedarfs genannt, die häufig und spontan gekauft werden. Dazu zählen vor allem Lebensmittel, Getränke, Reinigungsmittel und alles rund um die Körperpflege.
Obwohl der Online-Umsatz mit Lebensmitteln und Produkten für die Körperpflege binnen eines Jahres mit 16 Prozent schneller gestiegen ist als der entsprechende Umsatz in jeder anderen Warengruppe, erreichte er 2017 erst 2 Prozent des Gesamtumsatzes mit dieser Produktgruppe in Deutschland.
Offenbar überzeugen die Vorteile des Online-Kaufs die Verbraucher insbesondere bei Lebensmitteln bislang noch nicht so stark. Das Gros der Online-Shopper möchte Güter des täglichen Bedarfs lieber im Supermarkt sehen, riechen und anfassen. Wenn überhaupt, ordern die Konsumenten online vor allem Alkohol und Süßigkeiten.
Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung ist, dass die Verbraucher bei Lebensmitteln dem stationären Handel mehr vertrauen als den Online-Anbietern; zudem gehört der Einkauf im Supermarkt noch immer zu den beliebten Ritualen der Menschen.
Diese Gewohnheiten hat selbst einen Giganten wie Amazon seinen Logistik-Partner gekostet. Da das Geschäft mit dem Lieferdienst „Amazon Fresh“ nicht gut lief, hat die Deutsche-Post-Tochter DHL die Zusammenarbeit beendet. Anscheinend haben sich die Lebensmittel-Pakete nicht rentiert.
Amazon ließ lediglich wissen, dass der Konzern sein Angebot regelmäßig überprüfe und sicherstellen wolle, dass den Kunden „niedrige Preise, große Auswahl und schnelle Lieferung“ geboten werde. Die DHL erklärte, dass die Zustellung von frischen Lebensmitteln seit 2016 Teil des eigenen Portfolios sei, Details zu den Kunden aber nicht öffentlich gemacht würden.
Grund für das Aus der Lieferpartnerschaft könnte die Strategieänderung bei DHL sein. Der Konzern wolle sich wieder stärker auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Der Markt für online bestellte frische Lebensmittel sei weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Quelle: iwd