Roller, Auto oder Fahrrad – in deutschen Städten findet man die verschiedensten fahrbaren Untersätze mit Elektromotor. Doch wie gut ist schon heute die deutsche Infrastruktur für Elektroautos und was sagt die Bevölkerung überhaupt dazu?
Verschiedene Studien sehen in der Elektromobilität eine Chance auf eine emissionsfreie Fortbewegung in den Städten. Doch momentan liegt eine andere Situation vor. So drängend die ökologischen Zwänge inzwischen auch sein mögen – wenn es um die Kaufentscheidung zwischen Elektroauto und einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor geht, spielen bei vielen Verbrauchern noch immer die Kosten die größte Rolle. So ist laut des „Automobilbarometers 2019“ von Consors Finanz für 60 Prozent der Konsumenten weltweit der Preis der Hauptgrund, sich gegen die alternative Antriebstechnik zu entscheiden. Lediglich 24 Prozent wären bereit, zwischen zehn und 30 Prozent mehr zu zahlen als für einen herkömmlichen Wagen. Die Aussage, dass an der Elektromobilität kein Weg mehr vorbeiführt, unterschreiben inzwischen die meisten Verbraucher. Nach den Ergebnissen des Automobilbarometer 2019 sind weltweit 84 Prozent der Auffassung, dass die alternative Antriebstechnik eine vielversprechende Zukunft hat. Als eines der größten Kaufhindernisse entlarvt die Studie die Sorge, mit einem Elektroauto nicht weit genug fahren zu können
Zu wenig Ladesäulen, zu lange Ladezeiten
Dreiviertel der Befragten sind der Meinung, dass die öffentlichen Ladestationen entlang des Straßennetzes bislang nicht in ausreichender Menge vorhanden sind, in Deutschland sind es sogar 80 Prozent. Zudem ist für viele die Batterieladezeit deutlich zu lang. Daher würde das Interesse an einem Elektroauto erst geweckt werden, wenn die Ladegeschwindigkeit maximal 30 Minuten dauert. Trotz der schlechten Infrastruktur setzen Elektroautos derzeit zum Sprung in den Massenmarkt an. Die Auswahl wird 2020 noch mal spürbar größer, die Reichweiten nehmen zu und mit über 20.000 Ladepunkten in Deutschland gibt es zwar noch nicht genug, aber bereits etliche öffentliche Steckdosen. Den Durchbruch von E-Autos behindert jedoch das Chaos an den Ladesäulen. Das Laden ist für Nutzer zu häufig ein Alptraum. Nur wer privat oder bei der Arbeit laden kann, dürfte sich ohne Bedenken für ein Elektroauto entscheiden. Wer das Chaos an öffentlichen Ladestellen dagegen selbst erlebt hat, verliert schnell die Lust. Bundeskanzlerin Merkel hat sich zur Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung IAA für einen schnellen Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität ausgesprochen.
Der Umbruch in der Mobilität sei eine Herkulesaufgabe für Staat und Industrie gleichermaßen, bei der eng zusammengearbeitet werden müsse, sagte sie in Frankfurt am Main. Die Verlässlichkeit der Ladeinfrastruktur sei für den Erfolg der Elektromobilität von größter Bedeutung. In Hamburg zum Beispiel können Unternehmen und die Hamburger Verwaltung über das Projekt „Wirtschaft am Strom“ Elektrofahrzeuge für den Wirtschafts- und Dienstverkehr zu vergünstigten Konditionen leasen. Ziel ist es, betriebliche Einsatzmöglichkeiten für Elektrofahrzeuge zu ermitteln und die Alltagstauglichkeit im gewerblichen Bereich zu demonstrieren.
Im Vergleich zu einem herkömmlichen Fahrzeug lohnt sich im Förderprojekt der Umstieg schon bei ca. 8.500 Kilometern Fahrleistung pro Jahr. Einzige Voraussetzung: Das Fahrzeug muss mindestens 12 Monate im Einsatz sein und betrieblich genutzt werden.
Neben den finanziellen Anreizen wird das Projekt auch durch ordnungspolitische Maßnahmen, den Ausbau der Ladeinfrastruktur und eine Begleitforschung unterstützt. So gilt für Beschaffungsmaßnahmen der Hamburger Stadtverwaltung inzwischen die Beweisumkehr. Anstatt einer gesonderten Begründung für die Nutzung von E-Fahrzeugen muss nun der Einsatz von Verbrennern begründet werden. Über den Masterplan Ladeinfrastruktur wurde ein zielgerichteter und bedarfsgerechter Aufbau von Ladesäulen beschlossen. Bis Mitte 2016 sollen im Stadtgebiet bis zu 600 Exemplare an strategisch wichtigen Orten aufgebaut werden.
Quelle: Consors Finanz